Die Geschichte des Abgeordneten Landik berührte mich. In ihr spiegelt sich, wie in einem Zerrspiegel, die ganze Widersprüchlichkeit, Ambivalenz und Falschheit der derzeitigen ukrainischen Realität wider. Besonders „erfreulich“ sind die Kommentare, die von allen Seiten nach dem Konflikt geäußert wurden. Sie waren so abscheulich, dass man sie besser nicht geäußert hätte.
Was also ist passiert? Es fuhr ein ehrlicher Abgeordneter des Volkes durch seine Heimatstadt Lugansk, in der er zwar weder Zar, noch Gott ist, aber doch als respektabel angesehen wird. So ehrlich der Abgeordnete, wie man sagt, war, so hatte nicht einmal er eine Zulassung für seinen Wagen. Und, von einem auf den anderen Tag, erdreistete sich ein einfacher Verkehrspolizist, ihn anzuhalten. Nach Aussage Landiks gab es dazu überhaupt keinen Anlass – er habe nichts verbrochen. Dem Verständnis einer Quelle der Zeitung „Segodnja“ nach, die diese Geschichte brachte, waren eine Schnelligkeit von 91 km/h gegenüber den erlaubten 60 km/h Grund genug, den Wagen zu stoppen.
Übrigens hat sich Landik selbst kurz darauf beim Lügen ertappt. Er erzählte, wie der Oberste der Staatlichen Verkehrspolizei (GAI) ihn nach dem Kennzeichen seines Autos fragte. Darauf antwortete er: „Und ich fragte noch – was interessiert dich mein Auto? Er sagt: Sie sind immer so in Eile – damit man Sie weniger belangen kann.“ Dieses „immer in Eile sein“ ist der Schlüssel.
Interessant ist eigentlich diese Position eines Leiters der örtlichen Verkehrspolizei. Er ist, wie er sein muss – ich habe keine Angst vor diesem Wort – ein Schleimer, der mit dem Abgeordneten telefoniert und ihn bittet, das Kennzeichen des Autos zu nennen, „um ihn weniger zu belangen“. So sieht es wohl der Leiter der Staatlichen Verkehrspolizei (GAI):
- Er erkennt die Vorrangstellung des Herrn Landik automatisch über denen einfacher Bürger an. „Um ihn weniger zu belangen!“ –die pseudozaristische Person soll nicht unbeabsichtigt beunruhigt werden.
- Ziemlich eigentümlich interpretiert er die Verkehrsregeln, die die Inspektoren bei allen Autos gleich anwenden sollten – unabhängig davon, welcher feiste Körper am Steuer sitzt.
- Er gibt Landik und seinen Chauffeuren das Mandat, alle sinnvollen und sinnlosen Verkehrsregeln zu verletzen.
- Er bekräftigt die Existenz von „Elitelisten“ der Miliz mit darauf notierten Autos, die man niemals und auf gar keinen Fall anhält, noch nicht mal, wenn sie eine Gruppe blauäugiger Pioniere auf dem Gehweg zu Tode rasen.
Warum wundern sich die Ukrainer, was auf den Straßen passiert? Es gibt immer eine Begründung, oder?
Ja, so ist es. Nach dem Anruf des Beamten (falls man Landik glauben kann), welchen der Abgeordnete äußerst familiär „duzt“ – „ich habe noch gefragt – wieso interessiert Dich mein Auto?“, aber mit dem er alles gründlich „bespricht“, ein einfacher Verkehrspolizist der sich erdreistet (!!!) Landik anzuhalten.
Ob die arme Sau wusste, dass sein Chef am Vorabend vor dem Wageninsassen mit einem tiefen Knicks katzbuckelte?
Stellen Sie sich den gerechten Zorn dieses Wageninsassen vor!
Außerdem reagiert der Verkehrspolizist nicht auf die eindeutige Frage: „Schulden wir Ihnen was?“ Einfacher: Geld ablehnen, das ihm offensichtlich angeboten wird (anbieten kann man im Grunde, soviel man will – der Paragraph „versuchte Bestechung“ greift sowieso nicht, neuerdings existiert er einfach nicht mehr.) Es zeigt sich, dass es im Land auch noch ehrliche Verkehrspolizisten gibt! Es gibt sie!
Eine leibhaftige Willkür! Nun, was mag die Reaktion eines normalen, „regionalen“ Abgeordneten sein, außer seinem Mitarbeiter das Kommando „Fass“ (i.O. deutsch) zu geben?
Der Polizist, so kann man sagen, kommt gut davon. Eine Gehirnerschütterung, eine Prellung des Brustkorbs – wirklich eine Bagatelle. Hätte er Losinskij gestört, wäre er zu den Vorvätern geschickt worden (Losinskij ist ein Abgeordneter des Blockes Julia Timoschenko, der wegen Mordverdachts seit längerem einsitzt).
Sind Sie verblüfft über die „Antwort“? Landiks: „Die Wunden habe er sich wahrscheinlich selbst zugefügt, niemand habe ihn geschlagen.“? Tatsächlich sehr seltsam. Logischer wäre, wenn er gesagt hätte, dass der Verkehrspolizist sich selbst mit Fäusten, Handgranate und einer vollautomatischen Kalaschnikow auf ihn stürzte und sodann mehrere Male mit dem Kopf der Länge nach auf den Asphalt gekracht ist.
Ich kann mir übrigens wunderbar den Genossen Landik vorstellen (Typ „Roter Direktor“), der den Konflikt mit der Kamera festhält. Er hat wahrscheinlich einen konditionellen Reflex: Sobald sich am Horizont ein Verkehrspolizist abzeichnet, greift er zur Kamera. „Ich habe gerade eben in der Staatsanwaltschaft ein Video abgegeben, auf dem zwei lustige rotgesichtige Verkehrspolizisten mich 20 Minuten lang auf der Straße nicht durchgelassen haben, mich, einen Abgeordneten“ sagt er. Er eröffnet, dass der gehässige Verkehrspolizist nicht alleine war, sondern, wie sich herausstellte, mit einem Gehilfen zusammen arbeitete. Das deute auf vorherige Verschwörung hin, und dafür „winke“ ihm eine ungewisse Anzahl von Jahren.
Interessant ist, warum Landik den Fakt der oben genannten Bitte (natürlich, wenn es diese gab) des Leiters der regionalen Verkehrspolizei nicht an die große Glocke hängte? Mit dem Ziel der Bloßstellung des Grobians wurde versucht, den Abgeordneten mit zweifelhaften Privilegien zu korrumpieren – um „weniger belangt zu werden“. Es gibt nichts zu jammern: „Die Leiter der Staatlichen Verkehrspolizei haben sich schamlos benommen, indem sie die Verkehrspolizisten dazu anhalten, Geld von Abgeordneten zu nehmen.“
Ich schlage vor, dass Landik nach diesem Stress das volle moralische und juristische Recht hat, von den ungestümen Verkehrspolizisten eine moralische Genugtuung zu fordern. Aber wie? Das Gesetz an sich ist für alle gleich.
Auch für den Leiter der Staatlichen Verkehrspolizei. Stellen Sie sich mal vor, wie hinterlistig das wäre: Als erstes schrieb er das Kennzeichen des Wagens auf, danach ordnete er einen „Hinterhalt“ in der Stadt an („der Leiter der Staatlichen Verkehrspolizei hat mein Kennzeichen herausgefunden und einen Posten aufgestellt, damit man speziell mich anhält.“). Das ist nichts anderes, als wenn er von Timoschenko gekauft worden wäre, mit dem Ziel der Diskreditierung des ehrlichen „Regionalen“. Sicher: Es steht uns noch bevor, uns eine solche Version der Entwicklung der Ereignisse anzuhören.
Interessant, wie lange es den fahrlässigen Untergebenen noch im Amt hält. Vielleicht zwei Tage?
Höchstwahrscheinlich wird man ihn feuern „im Einverständnis“ oder gar „auf eigenen Wunsch“.
Grotesk? Absurd? Nein, „Ukraine für die Menschen“ nennt sich das.
15. März 2011 // Sonja Koschkina
Quelle: Lewyj Bereg
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